Ratgeber Vollfinanzierung: Immobilien ohne Eigenkapital finanzieren
Immer wieder hört und liest man, dass jeder, der eine Immobilie kaufen oder bauen will, mindestens 20 Prozent Eigenkapital benötigt. Wer dieses Eigenkapital nicht mitbringt, hat angeblich keine Chance, eine Immobilie zu finanzieren. Wenn das tatsächlich stimmen würde, hätte mindestens die Hälfte aller Immobilienbesitzer in Deutschland niemals bauen oder kaufen können.
Anders ausgedrückt: das mit den 20 Prozent Eigenkapital ist ziemlicher Unsinn! Banken, Sparkassen usw. finanzieren Immobilien auch mit deutlich weniger Eigenkapital. Und einige Kreditinstitute finanzieren Immobilien sogar inklusive der kompletten Erwerbsnebenkosten. Das nennt sich dann „Vollfinanzierung“.
Bei der Vollfinanzierung eines Immobilienkaufs finanzieren Banken in der Regel:
- Den Kaufpreis zu 100 Prozent!
- Die Grunderwerbsteuer (die beträgt ja nach Bundesland 3,5 Prozent bis 6,5 Prozent des Kaufpreises!
- Die Notar- und Gerichtskosten für den Kaufvertrag und die Eintragung der Sicherheiten für die Bank im Grundbuch!
- Die Maklerprovision, sofern diese anfällt!
Bei einem Neubauvorhaben ist es ähnlich, nur dass die Banken da eben die kompletten Hausbaukosten finanzieren.
Bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital spielt die persönliche Bonität eine wesentliche Rolle. Je höher eine Bank eine Immobilie beleihen – also finanzieren- soll, desto wichtiger wird Ihre persönliche Einkommens- und Vermögenssituation. Allerdings muss man auch kein Großverdiener bzw. Großverdienerin sein.
Letztlich muss Ihr Einkommen ausreichen, um die Darlehensraten dauerhaft bezahlen zu können. Dabei haben alle Banken aber ihre ganz eigenen Vorstellungen davon, ob das im Einzelfall möglich ist. Einheitliche Regeln, an die sich die Banken müssen, gibt es nicht. Da ist es dann auch völlig normal, dass Bank A Ihre Finanzierung ablehnt, während Bank B damit kein Problem hat. Es entscheiden häufig Kleinigkeiten über die Machbarkeit einer Finanzierung.
Wenn man die Bedingungen der verschiedenen Banken, Sparkassen usw. vergleicht, wird man schnell feststellen, dass Vollfinanzierungen meist nur für Arbeitnehmer und Beamte machbar sind. Selbständige, also Freiberufler oder Gewerbetreibende, müssen aufgrund der etwas unsichereren Einkommenssituation meist ein Minimum an Eigenkapital in die Gesamtfinanzierung einbringen.
Ist eine Finanzierung ohne Eigenkapital nicht besonders riskant?
Wenn Sie auch die Erwerbsnebenkosten mitfinanzieren müssen, haben Sie das Risiko, dass bei einem späteren Verkauf der Kaufpreis nicht ausreicht, um die Darlehen komplett abzulösen. Dazu müssten Sie dann beispielsweise einen Ratenkredit aufnehmen. Dieses Risiko können Sie minimieren, indem Sie die Darlehen etwas höher tilgen oder Sondertilgungen leisten.
Aber Vollfinanzierungen sind bestimmt sehr teuer?
Natürlich lassen sich Banken das höhere Risiko bezahlen. Aber es gibt Banken, die bei einer Vollfinanzierung Zinssätze anbieten, die günstiger sind als bei anderen Banken, die Eigenkapital verlangen. Aber man muss ehrlich sagen, dass man kein Top-Konditionen erwarten sollte. Aber dazu mein Tipp: wenn Sie es schaffen, die Erwerbsnebenkosten mit eigenem Geld, einem Familien- oder Arbeitgeberdarlehen zu zahlen, wird es meist deutlich günstiger.
Unter Umständen macht es auch Sinn, die Erwerbsnebenkosten über ein separates Darlehen zu finanzieren. Dieses Nebenkostendarlehen – manche nennen das auch „Eigenkapitalersatzdarlehen“- hat meistens einen vergleichsweise hohen Zinssatz, macht aber die restliche Finanzierung deutlich günstiger. Das ist am Ende eine Mischkalkulation.
Welche Immobilien kann man auch ohne Eigenkapital finanzieren?
Banken, die sogenannte Vollfinanzierungen anbieten, finanzieren meistens nur selbstgenutzte Wohnimmobilien, also beispielsweise das Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung. Gewerbliche genutzte Immobilien oder Mehrfamilienhäuser finanzieren diese Banken meist nicht. Auch Kapitalanleger müssen in der Regel die Erwerbsnebenkosten zahlen, also tatsächlich auch eigenes Geld anlegen und nicht nur das der Banken.
Macht es da nicht mehr Sinn, mit dem Kauf/Bau warten und erst einmal Eigenkapital ansparen?
Sicher, eine Finanzierung mit Eigenkapital ist günstiger als eine Vollfinanzierung. Trotzdem lohnt es sich oft nicht, den Immobilienkauf oder Neubau wegen des fehlenden Eigenkapitals aufzuschieben. Wenn Sie in beispielsweise 5 Jahren genug Eigenkapital zusammengespart haben, können Ihnen die bis dahin gestiegenen Kaufpreise, Materialkosten oder höhere Zinsen einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn es schlecht läuft, zahlen Sie dann in 5 Jahren – mit Eigenkapital- deutlich höhere Finanzierungsraten als hätten Sie Ihre Wunschimmobilie heute ohne Eigenkapital finanziert.
Ob sich das Warten lohnt, hängt natürlich von Ihren persönlichen Rahmenbedingungen ab. Es gibt durchaus Konstellationen, bei denen wir tatsächlich dazu raten, mit dem Kauf oder Neubau noch zu warten (beispielsweise bei hohen noch laufenden Ratenkrediten).
Im Rahmen unserer Beratung besprechen wir die Möglichkeiten und Details sehr ausführlich. Unser Job ist es, Sie umfassend und fair zu beraten. Wir schauen, welche Möglichkeiten es für Finanzierung gibt, besprechen die Vor- und Nachteile und suchen dann den passenden Bankpartner für Sie!