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Bootsanleger statt Carport: Klimawandel sorgt für neue Küstenlinien

01.11.2019: Wissenschaftler der US-Elite-Uni Princeton haben anhand aktueller Klima-Daten berechnet, wie sich die Küsten weltweit verändern würden, wenn die Temperaturen in den kommenden Jahren weiter steigen. Im Ergebnis würden Hamburg und Bremen spätestens 2100 direkt an der Nordseeküste liegen. Aber auch schon in 30 Jahren wären die Folgen des Klimawandels deutlich spürbar.

Für die Bewohner der deutschen Nordseeküste könnte es gem. den Berechnungen und Prognosen eng werden. Ostfriesland und auch Bremen würden in 80 Jahren demnach komplett von der Landkarte verschwinden (und statt dessen in Seekarten auftauchen). Hamburg würde direkt an der Nordsee liegen, wodurch man sich immerhin andauernde Vertiefungen der Elbe sparen könnte. Das ist für die meisten heute nicht wirklich vorstellbar, aber wer an der Küste lebt, weiß, welche Folgen schon ein minimaler Anstieg des Meeresspiegels haben kann.

Bei einem Temperaturanstieg von 2 Grad

Erhöhung Meeresspiegel 2 Grad

Bei einem Temperaturanstieg von 4 Grad

Erhöhung Meeresspiegel 4 Grad

 Grafiken (Quelle: https://sealevel.climatecentral.org/)

Wenn man sich die Grafiken anschaut, versinkt die bislang bekannt Nordseeküste in dne kommenden Jahrzehnten im Meer. Leider habe ich nicht wirklich herausbekommen, wie die Wissenschaftler auf die neue Küstenlinie gekommen sind und ob sie bei Prognose insbesondere für Deutschland und die Niederlande auch die aktuell schon vorhandenen Deiche berücksichtigt haben. Wenn die Prognosen nur auf der "Landmasse über Normalnull" basieren, dürfte es Deutschland und die Niederlande in der Praxis wohl nicht so hart treffen. Ohne die vorhandenen Deiche wären die Küstenlinien schon heute ganz andere (zur Erinnerung: die Deiche wurden vor allem gebaut, um dem Wattenmeer Land abzugewinnen und das so gewonne Land liegt naturgemäß unter dem normalen Meeresspiegel).

Der Anstieg des Meeresspiegels dürfte aber sicher dazu führen, dass die Deiche erhöht werden müssen, auch um die Folgen wahrscheinlich zunehmender Sturmfluten zu mindern. Zudem könnte es notwendig sein, Flüsse wie Elbe, Weser oder Ems mit Sperrwerken zu versehen (was unsere niederländischen Nachbarn ja schon seit Jahrzehnten machen). Das alles wird vor allem viel Geld kosten und den Nordseeinseln und Halligen wohl nicht viel nützen, denn die einzudeichen, dürfte schwierig werden.

Kleiner Exkurs zum Thema Deichbau: die Erhöhung eines Deiches an der Nordsee kostet ca. 3-4 Mio Euro je Kilometer (!). Die Deiche in Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben derzeit eine Gesamtlänge von rund 1.100 Kilometern. Das Verhältnis zwischen Deichhöhe und -breite liegt in der Regel bei 1:6 bzw. bei neueren Deichen bei 1:10 (erhöht man die Deiche, braucht man also auch mehr Grundfläche). Allein der Hochwasserschutz an der Unterelbe (Elbmündung) dürfte nach Schätzungen des Landesbetriebes für Küsten- und Naturschutz mit rund 400 Mio Euro Kosten zu Buche schlagen (veranschlagte Bauzeit: 30 Jahre).

Wer heute in vergleichsweise jungen Jahren eine Immobilie auf einer der Nordseeinseln bauen/kaufen will, braucht angesichts der horrenden Kaufpreise nicht nur viel Kapital, sondern auch den Glauben bzw. das Vertrauen, dass die Prognosen der US-Wissenschaftler nicht eintreten. Wer dieses Vertrauen nicht hat, muss die eigene Immobilie auf den Inseln dann wohl als "Wohnen auf Zeit" betrachten.

Aber auch die Eigentümer von Häusern auf dem Festland direkt hinter dem Deich, sollten sich Gedanken darüber machen, ob ihre Immobilie nicht irgendwann dem Deichbau weichen muss oder sie nicht zumindest Teile ihrer Grundstücke verlieren werden (so wie beispielsweise aktuell die Eigentümer in einigen Elbgemeinden bzw. Hamburger Stadtteilen).

Wer weiß, vielleicht führt der Klimawandel ja dazu, dass an der Nordseeküste nach gut 100 Jahren das sog. Stavenrecht wieder eingeführt wird. Diese "Variante" des Erbbaurechtes diente früher dazu Menschen in unmittelbarer Nähe der Deiche anzusiedeln, damit diese die Deiche im Notfall schützen.

Ihr

Olaf Varlemann