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Wie funktioniert eigentlich Bausparen?

Angesichts der zuletzt stark gestiegenen Zinsen erlebt Bausparen gerade eine Renaissance. Viele Verbraucher fragen sich, ob man sich mit einem Bausparvertrag jetzt noch günstige Zinsen für die Zukunft sichern sollten. Das kann durchaus Sinn machen, aber es kommt hier wie immer im Leben auf die Feinheiten an. Zunächst sollte man wissen, wie Bausparen überhaupt funktioniert. Dabei ist das Grundprinzip des Bausparens eigentlich ziemlich simpel.

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Viele Menschen rollen mit den Augen, wenn sie das Wort Bausparen hören. Ein Bausparvertrag gilt bei vielen als Inbegriff des Spießertums und der Langeweile. Dabei war die Idee des Bausparens in den Anfängen ein durchaus revolutionäres Finanzprodukt. Allerdings ist das schon gute 400 Jahre her. Dank der niedrigen Zinsen für Immobilienfinanzierungen ist Bausparen "ein wenig" aus der Mode gekommen. Aber seit die Zinsen der Immobilienkredite von Banken in die Höhe geschossen sind, steht Bausparen gerade vor einem Comeback.

Das Grundprinzip des Bausparens ist simpel. Dahinter steckt das sog. Solidarprinzip, bei dem sich mehrere Menschen mit gleichem bzw. ähnlichem Ziel zusammentun. Dazu sollet man wissen, dass Bausparen in einer Zeit erfunden wurde, als es keine Banken gab, die Immobilien "für jedermann" finanziert haben. Da musste man sich etwas anderes überlegen.

Stellen Sie sich einfach vor, Sie wollen "irgendwann" ein Haus kaufen. Dieses Haus kostet 100.000 Euro. Das Geld dafür müssen Sie selbst zusammensparen (Bankkredite gibt es ja nicht!). Sie können dafür jedes Jahr 10.000 Euro bei Seite legen. Nach 10 Jahren haben Sie das Geld zusammen und können Ihr Haus kaufen. Und so wie Sie macht das Jeder, der sich irgendwann eine Immobilie zulegen will.

Aber das muss doch schneller gehen?!

Stellen Sie sich jetzt vor, dass Sie sich mit 9 anderen Menschen zusammentun, die auch ein Haus für 100.000 Euro anschaffen wollen und ebenfalls jedes Jahr 10.000 Euro dafür ansparen können. Statt dass aber jeder wie gewohnt allein "vor sich hin spart", zahlen Sie das Geld in einen gemeinsamen (Spar-)Topf. Nach einem Jahr sind in diesem Topf 100.000 Euro! Jetzt müssen alle Bausparer ein Los ziehen. Wer das Gewinnerlos zieht bekommt die 100.000 Euro zugeteilt. Deshalb spricht man auch heute noch von Zuteilung.

Der erste glückliche Bausparer bekommt so nach einem Jahr aus dem gemeinsamen Topf die 10.000 Euro, die er selbst eingezahlt hat. Zusätzlich bekommt er die verbleibenden 90.000 Euro als Darlehen. Diese 90.000 Euro muss er dann im Laufe der kommenden 9 Jahre an die Gemeinschaft zurückzahlen (er zahlt also weiter die 10.000 Euro pro Jahr in den Bauspartopf).

Im zweiten Jahr ist der zweite Bausparer dran. Dieser bekommt aus dem Topf die 20.000 Euro, die er selbst angespart hat plus 80.000 Euro als Darlehen. Dieses Darlehen muss er dann ebenfalls mit jährlich 10.000 Euro zurückzahlen und ist nach 8 Jahren schuldenfrei.

Das ganze wiederholt sich jedes Jahr und nach 10 Jahren kann dann auch der letzte Bausparer sein Häuschen kaufen. Dazu braucht er dann aber kein Darlehen mehr, denn er hat die 100.000 Euro ja letztlich selbst in den gemeinsamen Spartopf eingezahlt.

Weil alle Bausparer befürchten, erst zum Schluss an der Reihe zu sein und dann doch 10 Jahre auf ihr Häuschen warten zu müssen, machen sie sich auf die Suche nach weiteren Bausparern. Und tatsächlich überzeugen sie immer mehr Menschen von dem Bausparprinzip. Es kommen laufend neue Bausparer hinzu.

Weil mit der Zeit aber eben immer mehr Bausparer dazu kommen und nicht alle 100.000 Euro brauchen oder 10.000 Euro im Jahr einzahlen, sondern mal mehr und mal weniger, musste man das Ganze anders organisieren.

Die Bausparsumme!

Jeder Bausparer kann heute seine eigene Zielsumme festlegen. Das macht man mit dem Abschluss des Bausparvertrages. Die sog. Bausparsumme ist die Summe an Geld, die man in Zukunft insgesamt zur Verfügung haben will (siehe oben die 100.000 Euro). Die Bausparsumme setzt sich aus dem angesparten Guthaben und dem späteren Darlehen zusammen (deswegen Bausparsumme).

Bewertungszahl statt Losverfahren!

Bei so vielen Bausparern war die Anfangsidee mit dem Losziehen nicht mehr praktikabel. Da musste man sich etwas anderes ausdenken, um das möglichst gerecht für alle zu machen. Statt des Losverfahrens hat man dann eine Art von Schulnotensystem geschaffen. Diese Noten bestimmen bis heute, wer wann sein Geld bekommt. Mit der Note wird vor allem bewertet, wer wie lange und wieviel in den Spartopf eingezahlt hat. Damit war die sog. Bewertungszahl erfunden. Um das Darlehen von der Bausparkasse zu bekommen, muss man nun eine bestimmte Bewertungszahl erreichen (die sog. Mindestbewertungszahl). Hat man die erreicht, kann man entscheiden, ob man das Darlehen sofort oder später in Anspruch nehmen will.

Mindesteinzahlungen?!

Wer irgendwann das Darlehen der Bausparkasse in Anspruch nehmen will, muss erst einmal eine gewisse Zeit selbst in den Topf einzahlen. Während Bausparer Nr. 1 (siehe oben) schon nach einem Jahr an das Geld kam und nur 10% der Zielsumme einzahlen musste, hätten die anderen Bausparer der Bauspargemeinschaft ja auch länger und mehr einzahlen müssen. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass es am sinnvollsten ist, wenn die Bausparer selbst rund 40% der Zielsumme (Bausparsumme) selbst einzahlen und dann ein Darlehen von rund 60% der Bausparsumme bekommen.

Zinsen und Gebühren?!

Während eine Mini-Bauparkasse mit 10 Mitgliedern ja noch ziemlich übersichtlich ist und keine Verwaltung braucht, sieht das bei vielen tausend Bausparern schon ganz anders aus. Da braucht es Menschen, die das eingenommene Geld verwalten oder dafür sorgen, dass alle pünktlich ihre Zins- und Tilgungsraten zahlen. Und es braucht auch Menschen, die immer neue Bausparer "ranholen".

Die ganze Verwaltung finanzierte man fortan durch einen Zinsaufschlag. Das bedeutet, dass die Zinsen, die die Darlehensnehmer zahlen, nicht eins zu eins bei den anderen Bausparern landen. Ein Teil davon wird verwendet, um die Verwaltung zu bezahlen. Bei den Handelsvertretern der Bausparsparkasse, die neue Kunden "ranholen" sollten,  musste man einen anderen Weg gehen. Handelsvertreter in allen möglichen Branchen waren es gewohnt, bei Abschluß eines Geschäftes eine Provision zu bekommen. Dieses System hat man bei den Bausparkassen übernommen. Aber wovon sollte man diese Provisionen bezahlen?

Die Bausparkassen konnten die Provisionen nicht über die Darlehenszinsen bezahlen. Grund: bei Abschluss des Bausparvertrages steht ja noch gar nicht fest, wieviel Darlehen der Bausparer mal in Anspruch nehmen wird. Also hat man sich etwas anderes einfallen lassen. Damit alle Vertreter sofort bezahlt werden können und alle auch gleich viel Geld für einen Abschluss bekommen, hat man einfach eine Gebühr eingeführt. Diese sog. Abschlussgebühr richtet sich nach der Bausparsumme und beträgt in der Regel 1% der Bausparsumme.

Bauspartarife?!

Mit der Zeit haben die Bausparkassen festgestellt, dass man - entgegen dem urspünglichen Bauspargedanken- nicht alle Menschen in einen einzigen Topf stecken kann. Es gab Menschen, die vergleichsweise hohe Beträge ansparen konnten und solche die ihre Darlehen schneller als üblich zurückzahlen wollten. Andere brauchten länger, um das Mindestguthaben einzuzahlen und wollten eine längere Darlehenslaufzeit, damit die Raten nicht zu hoch werden. Und wieder andere haben das Bausparen nur als Sparvertrag gesehen und wollten gar kein Darlehen.

Um möglichst allen Wünschen gerecht werden zu können, wurden aus dem einen großen Topf mehrere Töpfe mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen gemacht. Da "Töpfe" aber irgendwie komisch klingt, hat man diese Tarife genannt.

Vor- und Zwischenfinanzierungen?!

Bei Bausparen ist es wie im wahren Leben: manchmal passieren Dinge kann unverhofft. Da passiert es auch, dass man seine Wunschimmobilie findet, aber der Bausparvertrag (und damit das Darlehen) noch nicht zuteilungsreif ist. Das kann z.B. daran liegen, dass das Mindestguthaben noch nicht eingezahlt wurde oder die Bewertungszahl zu niedrig ist.

In dem Fall kann man den Bausparvertrag durch eine Bank vor- bzw. zwischenfinanzieren. Dabei nimmt man ein Darlehen auf, dass nach Zuteilung des Bausparvertrags in einer Summe zurückgezahlt wird. Ab dem Zeitpunkt muss man dann natürlich das Bauspardarlehen zurückzahlen. Das Ganze funktioniert auch, wenn man noch gar keinen Bausparvertrag hat und diesen neu abschließt.

Bausparkasse ist nicht gleich Bausparkasse!

Am Anfang haben sich die verschiedenen Bausparkassen nicht wirklich voneinander unterschieden. Das mit dem Mindestguthaben, der Abschlussgebühr usw. war bei allen Standard. Aber einige Bausparkassen haben im Laufe der Zeit auch mal anderes ausprobiert und ihr Angebot etwas variiert. Eine Bausparkasse hat beispielsweise das Mindestguthaben von 40% auf 20% gesenkt und die andere Bausparkasse hat den Bausparern, die ihr Darlehen schnell zurückzahlen, besonders niedrige Zinsen angeboten. So haben die verschiedenen Bausparkassen je nach Zielgruppe und deren Wünschen unterschiedliche Tarife geschaffen.

Ein paar Grundprinzipien gelten für alle Bausparkassen!

Bausparkassen unterliegen bestimmten Regeln und Gesetzen. Ein wichtiges Gesetz sagt, dass Bausparkassen den Sparern keinen festen Termin zusichern dürfen, ab dem diese das Darlehen bekommen. Das ist logisch, denn dieser Zuteilungstermin hängt ja unter anderen auch davon ab, wie viel die Bausparer insgesamt in die verschiedenen Töpfe einzahlen. Statt einer festen Zusage gibt es somit nur eine Kalkulation und Hochrechnung. Die machen die Bausparkassen in der Regel aber "mit genügen Luft und Puffer". Aber es hat auch schon Zeiten und Bausparkasse gegeben, bei denen die kalkulierten Zuteilungstermine nicht eingehalten werden konnten. Da war was los! 

Das Bauspardarlehen bekommt man bei Zuteilung nicht einfach so. Bevor eine Bausparkasse ein Darlehen vergibt, schaut sie natürlich, ob der Bausparer in der Lage ist, das Darlehen zurückzuzahlen. Damit unterscheiden sich die Bausparkassen nicht von Banken. Das Bauspardarlehen gibt es also erst nach einer entsprechenden Bonitätsprüfung. Grundsätzlich gilt: wenn es die Bausparkasse zulässt, kann man das Bauspardarlehen in Anspruch nehmen, hat aber keinen Anspruch darauf.

Lohnt sich Bausparen?

Bis Ende letzten Jahres rechnete sich Bausparen nur in bestimmten Situationen. Das lag an den allgemein niedrigen Zinssätzen für Immobilienfinanzierungen. Da konnten die Bausparkassen mit ihren meist höheren Darlehenszinsen nicht mithalten. Das Blatt hat sich inzwischen aber gewendet. Mit einem Bausparvertrag kann ich mir heute deutlich niedrigere Zinsen sichern als man sie aktuell bei Banken zahlen würde. Allerdings sollte man einigermaßen schnell sein, denn die Bausparkassen werden ihre Zinsen für Bauspardarlehen demnächst wahrscheinlich auch erhöhen.

Wir beraten Sie gerne!

Als freie Baufinnazierungsberater sind wir nicht an bestimmte Bausparkassen gebunden und haben einen ziemlich guten Marktüberblick. Aus der Vielzahl der Bausparkassen und der Bauspartarife werden wir sicher das für Sie passende Angebot herausfinden. Das gilt natürlich nur für den Fall, dass Bausparen in Ihrer aktuellen Situation überhaupt das passende Finanzierungsmittel ist.

>>>Experten vor Ort>>>

Ihr

Olaf Varlemann

Geschäftsführer der Baufi-Nord GmbH

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